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Form und Inhalt Als Antependium bezeichnet man die vor dem Altar oder auch vor der Kanzel hängenden Tücher. Das Wort setzt sich aus zwei lateinischen Begriffen zusammen: ante = vor, pendere = hängen. Oftmals enthalten Antependien Symbole, die auf die kirchliche Botschaft bezogen sind.
Die beiden Antependien der Ev. Kapernaumkirche – das Altar-Antependium und das Kanzel-Antependium – wurden im Jahr 2007 von der Paramentikerin Alexandra Husemeyer (Eisenach) geschaffen. Sie sind in einem ungewöhnlichen Zuschnitt gehalten und weisen eine reizvolle Verbindung mit dem Namen der Kirche auf.
Die Künstlerin interpretiert ihre Werke folgendermaßen: Das Altar-Antependium ist zweigeteilt. Jesus gibt seinen Auftrag zur Heilung, und die Kraft Gottes wirkt ohne seine unmittelbare Anwesenheit. Links symbolisiert die grüne Farbe das Wirken Christi - ein Strom mit weißem Segen und Heilung ergießt sich in die andere Hälfte des Antependiums. Dort werden Krankheit und Leid überwunden, und die Kraft des Geistes lodert in roter Farbe auf. Der weiße Segensstrom zieht sich auch hier hindurch und strahlt über die Altarplatte weit hinaus. Die Form des Stückes verstärkt diese Wirkung noch. Die beiden Leinenstreifen, die über den Altar laufen, führen aus der Apsis hinaus in die Stadt weiter. Auf dem Kanzel-Antependium lässt sich nach dem Gleichnis, in dem Jesus das Wort mit einem Samenkorn vergleicht, solches Wachsen und Keimen erkennen. „Möge das Wort, das von dieser Kanzel gepredigt wird, stets gute Früchte tragen“, schließt Alexandras Husemeyer ihre Reflexionen.
Die abstrakte, nicht-gegenständliche Form des Altar-Antependiums lädt zu weiteren Gedanken an: Was bedeutet es, dass gerade Weiß und Grün und Violett zusammenspielen? Trennt das Kreuz in der Mitte oder eint es? Welche weiteren Formen und Motive lassen sich entdecken?
Die Farben der Antependien sind nicht zufällig gewählt. Sie spiegeln das Kirchenjahr wider, das auch in gottesdienstlichen Texten, Liedern und Gebeten – und eben in bestimmten Farben - seinen Widerhall findet.
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Die Farben Das Kirchenjahr beginnt mit dem Advent und endet mit dem Ewigkeitssonntag. Sein Ablauf widerspiegelt die Erscheinung und Erwartung der Verheißungen Gottes. Die die Kirche glaubt: Mit dem Erscheinen von Jesus Christus, dem Juden, ist die Zeit des Heils für alle angebrochen. Mit seiner Wiederkunft wird sie sich vollenden.
Das Kirchenjahr entfaltet das Zeugnis von Jesus Christus und vergegenwärtigt sein Leben und Wirken: Ankündigung und Geburt Christi (Advent und Weihnachten), Erscheinung Gottes in Christus (Epiphaniaszeit), Jesu Leiden und Sterben (Passionszeit), Jesu Auferstehung und Himmelfahrt (Osterzeit) und die Ausgießung des Heiligen Geistes (Pfingsten). Damit beginnt die Zeit der Kirche. Sie bekennt sich zur Dreifaltigkeit Gottes: Vater, Sohn und Heiliger Geist (Trinitatiszeit), und erwartet die Wiederkunft Christi am Jüngsten Tag.
Das Kirchenjahr hat sich in den ersten Jahrhunderten christlicher Zeitrechnung herausgebildet. Sein Höhepunkt ist das Osterfest: Die Auferstehung Christi von den Toten ist der Ursprung christlichen Glaubens. Schon in der Zeit der Apostel wurde deshalb die Auferstehung Jesu am ersten Tag der Woche (Sonntag) mit dem Mahl des Herrn gefeiert. Der römische Kaiser Konstantin erhob im Jahr 321 den Sonntag als Tag des Herrn zum gesetzlichen Feiertag. Ostern fällt - ausgehend von der jüdischen Passatradition - auf den Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühlingsanfang.
Dem Osterfest geht die vierzigtägige Passionszeit voraus (die Werktage ab Aschermittwoch). Sie ist dem Gedächtnis an das Leiden und Sterben Jesu Christi gewidmet. Die letzte Woche der Passionszeit ist die Karwoche mit dem Gründonnerstag, dem Tag der Einsetzung des Abendmahls, und dem Karfreitag, dem Tag der Kreuzigung und des Todes Jesu.
Dem Osterfest folgt am 40. Tag das Fest der Himmelfahrt Christi und am 50. Tag das Pfingstfest, der Tag der Ausgießung des Heiligen Geistes.
Nach dem Osterfestkreis bildete sich seit dem 4. Jahrhundert der Weihnachtsfestkreis heraus. Er beginnt mit den vier Adventssonntagen und hat im Fest der Geburt Jesu am 25. Dezember (Weihnachten, Christtag) seine Mitte. Nach dem 6. Januar, dem Tag der Erscheinung Jesu (Epiphanias), folgen die Sonntage nach Epiphanias, deren Zahl vom Ostertermin abhängt (mindestens zwei, höchstens sechs).
Die Sonntage nach Pfingsten werden vom Fest der Dreifaltigkeit an (Trinitatis, Sonntag nach Pfingsten) gezählt. Allgemeine Feste dieser Zeit sind: Erntedanktag, Reformationstag (31.Oktober), Buß- und Bettag (am Mittwoch vor dem Ewigkeitssonntag) und der Ewigkeitssonntag.
Den Zeiten und Festtagen des Kirchenjahres entsprechen die liturgischen Farben:
Weiß: Symbol des Lichtes: Ostern, Weihnachten, andere Christusfeste Violett: Farbe der Umkehr und der Bereitung vor den zentralen Festen: Passionszeit, Advent, Buß- und Bettag Rot: Farbe des Pfingstfeuers und der durch den blutigen Märtyrertod der ersten Christen ausgebreiteten Kirche: Pfingsten, Gedenktage der Kirche Grün : Farbe der aufgehenden Saat: Epiphanias-, Vorfasten- und Trinitatiszeit Schwarz: Zeichen der Trauer: Karfreitag.
Dass sich auf dem Antependium der Ev. Kapernaumkirche alle Farben zugleich finden, hat seinen Grund. Nicht allein das Nacheinander der frohen und nachdenklich stimmenden Kirchenjahreszeiten, nicht allein die Chronologie bestimmt das Leben einer Gemeinde, sondern das Ineinander der Situationen: Täglich ist sie der Freude und dem Leid ausgesetzt, dem Wachsen und dem Eingehen, dem Feiern und dem Fasten.
Constanze Kraft
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